Was ist für mich Führung?
Respektive wen will ich führen und warum?
Und WIE will ich führen?
In erster Linie ist für mich meine eigene Führung damit gemeint, damit ich auch andere souverän führen kann!
Wo bin ich noch nicht liebevoll mit mir selber?
Wo lasse ich beispielsweise destruktive Gedankengänge noch zu? Oder gehe über mich hinaus, in dem ich etwas tue, was ich gar nicht will oder was sich nicht gut anfühlt für mich?
Ich habe es immer in der Hand wie ich mich gerade fühle. Ich kann mich den äusseren Umständen hingeben und ich kann dem Gedankenkarussel in meinem Kopf die Zügel überlassen, oder ich hole mich bewusst da raus.
Nicht indem ich mich ablenke, sondern in dem ich hin fühle. Spüre was wirklich los ist bei mir und mich um mich kümmere.
Ich will auch mein Kind und meine Tiere führen. Soweit wie nötig und gleichzeitig auch freilassend. Sie sollen mir vertrauen können. Ich weiss, ich habe die Verantwortung als Erwachsene für mein Kind und meine Tiere. Ich sorge für sie.
Ich tue nichts, um irgendwen zu unterdrücken, sondern weil es manchmal Führung braucht und meine Aufgabe ist.
Ein Auto fährt auch nicht von selber, wenn es keinen Fahrer hat. Zudem gibt es einfach gewisse äussere Rahmenbedingungen. Kleinkinder wissen beispielsweise nicht von sich aus, dass ein Auto sie überfahren könnte. Auch mein Hund darf lernen mit mir angemessen durch Situationen gehen zu können.
Was mir dabei ganz wichtig ist - ich schaue immer darauf was mein Gegenüber mitbringt. Es käme mir nicht in den Sinn ein Tier oder Kind bewusst in eine Situation zu bringen, die es nicht meistern kann! So wie ich nicht mehr über mich selber drüber gehen mag, so sollen auch andere dies nicht tun müssen. Auch das hätte für mich nichts mit vertrauensvoller Führung zu tun.
Ich gebe dir ein Beispiel: da ist der Tierschutzhund aus der Pampas von Spanien kommend, der nicht sozialisiert worden ist und nichts kennt. Kommt in die Schweiz und lebt nun in Zürich, wo diverse Reize sind. Und dann soll er auch noch mit ins Restaurant und Zug fahren - am liebsten gleich sofort. Ob das überhaupt Sinn macht, dazu mag ich mich nicht äussern, da kannst du dir gerne dein eigenes Bild machen. Ich als Hundehalterin würde meinen Hund wohl gar nicht erst in diese Situation bringen. Ganz klar würde ich ihm nicht zumuten ihn nach zwei Wochen im neuen Umfeld bereits in einen vollbesetzten Zug zu Stosszeiten zu verfrachten. Also bringe ich ihn doch gar nicht erst in diese Situation. Für mich ist auch das kompetente Führung und es hat viel mit gesundem Menschenverstand zu tun.
Hat mein Kind zum Beispiel Angst, dann werde ich ihm nicht die Hand verwehren. Ich werde ihm den Raum halten, meine Präsenz schenken und ihm dadurch Sicherheit vermitteln. Ich werde dabei NICHT in ein Mitleiden gehen, weil das nicht dienlich ist. Durch mein klares präsentes Dasein ist alles getan. Das Kind spürt, dass alles gut ist.
Sicher kommen da auch liebevolle Worte, Gesten und allenfalls Berührung mit dazu. Und selbstverständlich werde ich es, wenn nötig, aus der Situation holen oder die soweit anpassen, dass keine Überforderung mehr besteht.
Manchmal eine Gratwanderung, weil es auch wichtig ist zu erleben, dass man einer Situation ja doch gewachsen ist.
Für mich eine Gratwanderung zwischen Schutz und einem Kind oder Tier (im Übrigen auch mir selber) die Möglichkeit zu geben zu wachsen und eigene innere Sicherheit erlangen zu können.
Das braucht viel Fingerspitzengefühl und da muss ich echt sagen, dass ich persönlich mich oft einfach auf meine Intuition verlasse. Natürlich immer gleichzeitig damit, dass ich auf mein Gegenüber achte und es sehe.
Was ich eben für das ängstliche Kind beschrieben habe, gilt auch bei den Tieren und bei mir selber.
Präsent zu sein mit meinen Emotionen. Zu fühlen was gerade da ist und gut in meinen Körper zu atmen.
Da Präsenz im Körper sich nicht mit Kopfgeschichten ausgeht, achte ich darauf mich gleichzeitig nicht in irgendwelchen Kopfgeschichten zu verlieren. Auch das braucht innere Führung. Und es ist ein echter Gamechanger, dass mein System sich so nicht in alten Erfahrungen verheddert, die womöglich einfach nicht mehr adäquat sind.
Präsenz im Körper und im Moment. Was brauche ich jetzt gerade? Und was braucht mein Gegenüber jetzt gerade?
Diese Präsenz und Führung kann ich im Aussen nur geben, wenn ich sie in mir gefunden habe.
Klingt cool, oder? Ist es auch! Und vieles ist so viel einfacher.
Und gleichzeitig ist es ein Weg. Weil - zumindest für mich - nicht immer ganz so einfach. Weil ich manchmal auch noch in alte Muster verfalle und es nicht immer unmittelbar bemerke.
Aber immer weniger, weil da schon so viel Bewusstsein ist. Und wenn es mal doch noch passiert? So what! Es bedeutet auch die Führung für mich wieder zu übernehmen und einfach wieder aus dem was immer mir gerade nicht dient auszusteigen.
Genauso wie ich auch meine eigenen Grenzen immer mehr achte, genauso werde ich vermeiden über die Grenzen anderer hinauszugehen.
Signalisiert mir mein Hund beispielsweise, dass ich ihm zu nahe komme, dann gehe ich auch da nicht drüber. Es braucht einfach gegenseitigen Respekt. Und das geht einfach nicht, wenn ich mich unbedingt durchsetzen muss, komme was wolle.
Warum will ich es denn gerade so haben? Vielleicht gibt es in so einer Situation einfach eine bessere Lösung. Habe ich etwas übersehen? Kann mein Tier wirklich nicht?
Für mich bedeutet führen nicht etwas auf Biegen und Brechen einfach durchzusetzen. Es geht nicht darum, dass sich irgendwer unterordnen muss. Das ist einfach nur Quatsch und ein riesengrosses Missverständnis, was aus meiner Wahrnehmung heraus gar nichts mit Führung zu tun hat. Sondern eher aus einem eigenen Mangel, aus eigenem Frust oder Ohnmacht heraus entsteht und mir zeigt, wo jemand gerade NICHT die Führung hat.
Natürlich gibt es Situationen, in denen auch mal eine Grenze kommen muss. Und auch da ist doch die Frage warum und vor allem wie setze ich sie.
Es gibt so viele Möglichkeiten Tiere so zu führen, dass es keinen Konflikt geben muss.
Wie kann ich beispielsweise eine Situation ganz einfach vermeiden?
Weiss mein Tier überhaupt was es tun soll?
Kenne ich Trainingsmöglichkeiten ihm das beizubringen?
Wenn nicht, dann macht es durchaus Sinn sich weiter zu bilden. Weil anstelle einem Tier zu zeigen was es nicht soll, ist es doch viel sinnvoller ihm zu lernen, was man von ihm möchte.
Was es früher gang und gäbe war Straf- und Schreckreize in der Erziehung von Tieren einzusetzen, wird immer noch viel zu oft gesehen. Schnelle Erfolge durch solche Methoden können einen hohen Preis einfordern. Was ist mit dem Vertrauen zum Tierhalter? Was wenn das Tier eine Fehlverknüpfung mit dem Menschen anstelle des Auslösers macht? Was ist mit dem Wohlbefinden des Tieres? Rückgerichtete Aggressionen, Ängste und Depression können entstehen.
Ist es ok Tiere über Angst und Schmerz zu erziehen?
Ich möchte hier kein Fass auf machen. Es gäbe wohl noch viel zu schreiben zu dem Thema und ich habe sicher auch nicht an alles gedacht. Ich möchte dir einfach Denkanstösse geben.
Weil es mir wichtig ist. Weil ich mich viel mit diesen Themen auseinandergesetzt habe in den letzten Jahre und weil ich weiss wieviel Aufklärung es benötigt.
Weil ich weiss wie sehr noch alte Vorstellungen von Führung und Machtmissbrauch in vielen Köpfen und im Kollektiv herumgeistern (in beide Richtungen).
Und weil ich immer wieder Menschen antreffe, die alles glauben was sie hören. Menschen, die Dinge tun, weil jemand im Aussen ihnen das so sagt. Auch wenn es sich für sie nicht richtig anfühlt. Ja, so ist es wichtig zu hinterfragen und für dich zu prüfen. Weil eines ist ganz wichtig, um dich selber, ein Kind oder ein Tier souverän führen zu können. Es ist unabdingbar, dass du authentisch bist. Ja, ich weiss, ein grosses Wort. Und weisst du was? Unsere Tiere und auch wir Menschen (wenn wir es zulassen!) - wir spüren, was dahinter ist. Die Tiere fühlen, wenn du etwas sagst oder tust und etwas anderes fühlst oder meinst. Sie lassen sich nicht verarschen.
Und sie haben es nicht verdient, dass wir sie verarschen - gerade weil sie uns folgen. Auch wenn wir sie mit unangebrachten Methoden dazu bringen. Die meisten Tiere würden so viel vom Menschen über sich ergehen lassen und immer noch lieben. Aber ist das dann noch verbindend und auf Vertrauen basierend?
Auch unsere Kinder - sie sind uns Erwachsenen zumindest teilweise einfach ausgeliefert. Sie sind auf unser Wohlwollen angewiesen und brauchen uns.
Mir ist es wichtig, dass wir achtsam sind, dass wir liebevoll sind und Verantwortung übernehmen. Dass wir unsere eigene Haltung hinterfragen. Dass wir gut hinschauen. Dass wir unsere Schützlinge in einer Art und Weise führen, die in der für alle höchsten Möglichkeit liegt.
So frage dich einmal:
Warum will ich führen? Und führe ich auch wirklich? Auch in den Situationen, in denen es für mich selber schwierig wird?
Oder warum will ich nicht führen? Dient es so wirklich?
Gerade in Situationen, die für dich als Erwachsene/n auch schwierig sind, da ist es wichtig deine innere Führung zu bewahren, damit du dein Tier oder Kind überhaupt gut hindurch begleiten kannst. Damit sie sich sicher fühlen können. Dazu gehört auch eine Situation so zu gestalten, dass du darin selber gut bei dir sein kannst. Und es bedeutet dir deine eigenen Themen gut anzuschauen.
©Jan.2022 Fabienne Fust, med. vet., FA Verhaltensmedizin GST, Tierkinesiologin NGL, dipl. kinesiologische Lebensberaterin NGL, Therapeutin für energetische Aufrichtung®
www.fabiennefust.ch