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Dem Tod ins Auge geblickt

Diese Woche war der Tod sehr präsent bei mir.

Nicht, dass irgendwer am Sterben wäre in meinem Umfeld.

Und gleichzeitig sterben wir doch tagtäglich viele kleine Tode. Immer dann, wenn wir etwas erkennen, dass uns nicht mehr dienlich ist und uns für einen neuen Weg entscheiden.

 

Wenn wir Dinge wahrhaft loslassen - nicht los werden wollen! - geht das für mich auch in einen kleinen Tod.

In eine Häutung.

Transformation ist Häutung. Irgendwann wird ein Kleid zu eng, eine Maske zu begrenzend - wir nehmen sie alle ab und häuten uns wie eine Schlange.

 

Ich habe diese Woche dem Tod ins Auge geblickt.

Der Tod beschäftigt mich schon sehr viele Jahre. Diese Woche haben sich Kreise in aller Tiefe zu schließen begonnen.

Es waren so viele Tierseelen, die ich schon begleitete. Eigene und auch Kundentiere. So viel habe ich schon über den Tod gelernt.

Angefangen hat es mit meiner Ponystute Lisa, die vor mehr als 12 Jahren über die Regenbogenbrücke ging. Sie hat mich bei ihrer Begleitung in den Tod so viel gelehrt.

 

Lisa war die Erste, die mit mir über Trennung und Alleinheit gesprochen hatte. Sie hatte mich sehr liebevoll auf unseren Abschied vorbereitet. Hat mir immer wieder gesagt, dass wir immer verbunden sind. Dass es keine Rolle spiele, ob ich hier neben ihr sei, oder sonst irgendwo. Die Verbindung in Liebe bleibt immer bestehen.

Der Abschied von Lisa war der erste so richtig bewusste Abschied in meinem jetzigen Leben, ich pflegte sie viele Monate in ihrer Krankheit durch ihre Sterbephasen hindurch bis sie sich für den Übergang entschied.

 

Wenn ich heute zurück denke, dann war das ein großes Geschenk. Sie überbrachte mir tiefes Wissen über die Kreisläufe von Leben und Sterben.

 

Auch meine liebste Großmutter, die ich auf energetischer Ebene sehr nahe begleiten durfte, lehrte mich so viel.

Ich habe durch sie und auch meine sterbenden Tiere immer wieder dieses große helle Licht und den riesig großen freien Raum von purer Liebe sehen dürfen, in welchen wir in meiner Wahrnehmung nach der Exkarnation übertreten.

 

Auf einer höheren Ebene fühlte ich mich schon so bereit dem Tod ins Auge zu blicken und ich fürchtete mich nicht vor ihm. Ich habe so oft diesen tiefen Frieden fühlen dürfen, die die Seelen ausstrahlen, wenn sie bereit sind zu gehen und der sich auch überall ausbreitet, wenn sie gehen und gegangen sind.

 

Dem Tod in aller Tiefe nochmal von Angesicht zu Angesicht zu begegnen war nun doch noch einmal eine etwas andere Geschichte.

Ich habe ihn als große dunkelgrün-schwarze Schlange gesehen, der ein mächtiger dreiköpfiger goldener Drache entstieg.

Ich war geblendet von seinem Licht und bei der Häutung von der Schlange zum Drachen hat sich genau dieses Gefühl des unendlich großen freien Raumes geöffnet. Unbeschreiblich schön.

 

Und ja, ich stelle mir es wahrlich schön vor zu sterben. In diese allumfassende Liebe einzutreten und als Seelenwesen zurück in dieses immerwährende Licht zu gehen.

 

Gleichzeitig hat sich in mir am nächsten Tag eine große Wut dem Tod gegenüber geöffnet. Eine Wut, die ich mir bislang kaum zu fühlen zugestanden hatte. Eine Wut darüber, dass mir meine Liebesten genommen wurden. Ich hatte sie mir nicht erlaubt zu fühlen, weil ich über die ewigen Kreisläufe wusste. Weil meine Seele sich in diesen Momenten daran erinnerte, dass wir immer in Liebe verbunden sind, dass alles eins ist und unsere Liebsten "nur" den physischen Körper verlassen und in eine andere Dimension wechseln.

 

So kam diese Wut aus meinem menschlichen Sein heraus hoch und ich verband mich abermals mit dem Tod. Blickte ihm wieder ins Angesicht und erzählte ihm davon. Und was da in mir hoch stieg war ein Glaubenssatz, den ich mir selber kreiert hatte.

Ich konnte den Tod nicht in aller Tiefe annehmen, weil ich glaubte - tief in meinem Unterbewusstsein - dass ich, würde ich wahrlich JA sagen zum Tod, hier in diesem Erdenleben nicht mehr weiter leben dürfte. Dass ein Ja zum Tod automatisch ein Nein zum Leben bedeutete.

 

Ein bisschen erschrocken über diese Erkenntnisse war ich ehrlich gesagt schon. Beschäftige ich mich doch schon seit Jahren damit alles in mir zu integrieren. Wie das Kleine, so das Große. Wie das Große, so das Kleine. In meiner persönlichen Entwicklungsreise in den letzten Jahren wurde immer mehr aus Schwarz oder Weiß ein Schwarz und Weiß.

 

Und weißt du was? In dem Moment als ich vor dem Tod stand und erkannte, dass ich bislang nicht bereit war in aller Tiefe JA zu sagen - auch auf meiner menschlichen Ebene - wurde mir so klar, dass ich niemals diese Einheit wirklich in mir verkörpern könnte, wenn ich nicht in aller Tiefe und Wahrhaftigkeit auch zum Tod wirklich Ja sagen würde.

 

Der Tod ist der Schlüssel zum Leben, das Tor zur Liebe und in die Freiheit.

Sagen wir wahrhaft ja zum Tod, dann kann uns nichts mehr geschehen. Weil die Angst vor Verlust und Trennung, sowie dem eigenen Tod letztendlich doch das ist, was uns wirklich vom Leben trennt.

 

Kannst du fühlen was ich meine?

Wenn wir uns wahrhaft nicht mehr vor Verlust und Tod fürchten, dann gibt es keinen Grund mehr für Schwere im Leben.

 

 

Jede Herzensbegegnung hinterlässt Spuren, auch wenn sie noch so kurz sind.

 

Manchmal ist der Tod die Heilung.

 

„Es ist vollbracht.

 

Ich durfte diesen Körper verlassen.

Ich durfte zurückkehren in das große weite Licht, in den großen freien Raum aller Möglichkeiten.

In das Lichtermeer Gottes. Da wo es so schön, frei und nährend war, ist und immer sein wird.

Für mich ist es die Erlösung. Heute ist es die Erlösung, dass ich aus diesem Körper gehen durfte. Dass ich dieses Erdenleben verlassen durfte.

 

Bis ins Himmelslicht. Nahe den Sternen, nahe der Sonne, nahe der Weite und nahe der ganzen Göttlichkeit, die so sehr befreit ist von all den Lasten, die ihr Menschenkinder auf der Erde breit gemacht.

 

So sehr genährt von der göttlichen Liebe hier bin ich. Und ich werde dich von hier begleiten, als einen weiteren Stern am Himmel und bin dir überaus dankbar, hättest du mir noch ein zweites Leben geschenkt.

Nur so sollte es nicht sein geliebtes Menschenkind.

 

Meine Seele hat den Weg gewählt über das Leid in den Tod hinein. Ich habe genug gelitten und es ist ok. Es ist ok. Du brauchst nicht zu verstehen. Und doch, du weißt, es ist alles Eins. Wie im Kleinen so im Großen, wo das Licht da ist der Schatten und hier oben sind sie alle vereint. Vereint.

 

So bin ich frei. So bin ich frei.“

 

Danke, dass du da warst und mich tief in meinem Herzen berührt hast Sam.

 

©med. vet. Fabienne Fust, SEELENGESUND - MENSCH & TIER IM EINKLANG, www.fabiennefust.ch, November/Dezember 2022.