Schon seit vielen Jahren beschäftige ich mit Mensch-Tier-Beziehungen. Es ist für mich faszinierend zu beobachten wie viel zwischen Mensch und Tier abläuft, vor allem bezüglich nonverbaler Kommunikation.
Mit ein paar einfachen mentalen Übungen kann man bei Problemverhalten seitens der Tiere oder aber bei Problemen zwischen Menschen und ihren Tieren ganz viel raus holen und Erleichterung in den Alltag bringen. Ich werde versuchen alle von mir vorgeschlagenen Tools anhand von Beispielen aus meinem eigenen Erfahrungsschatz mit meinen Tieren oder Kundentieren zu erläutern.
Klare Haltung des Tierhalters:
Es steht und fällt mit einer klaren inneren Haltung des Tierhalters. Tiere sind sehr feinfühlig
und spüren jegliche Zweifel, Unsicherheiten und v.a. auch sogenannte Doppelbotschaften (Mensch sendet was anderes aus, als er eigentlich möchte). Sie registrieren auch sehr genau was unser Körper aussendet. Wenn wir eine klare innere Haltung haben, dann wird automatisch unsere Kommunikation auch klar, denn der Körper folgt bekanntlich dem Geist.
Wichtig ist sich ein paar Gedanken zu machen und zu wissen: wie genau stelle ich mir vor, dass sich mein Tier in einer bestimmten Situation verhalten soll? Oder besser gesagt, was möchte ich nicht? Je klarer sich ein Tierhalter über eine Situation ist, desto einfacher wird es für das Tier, weil der Halter Klarheit und damit Sicherheit ausstrahlt. Und gerade unsichere oder ängstliche Tiere brauchen die Sicherheit ihrer Bezugsperson.
Und geht das mal auf menschlicher Seite nicht, dann ist auch das ok, nur dann darf man mit dem Tier auch nachsichtig sein, wenn es gerade nicht wie gewünscht „funktioniert“.
Ein Beispiel aus meinem eigenen Zusammenleben war mit meiner Hündin „Chazy“, die mit
zunehmenden Alter einen leichten Trennungsstress entwickelt hatte. Natürlich hatte ich daran gearbeitet mit ihr, aber es gab halt auch die Situationen, in denen ich einfach gehen musste. Ich hätte mir dann jedes Mal viele Gedanken machen können, weil ich wusste, dass sie nicht gerne alleine war. Allerdings hätte das weder ihr noch mir was gebracht, so dass ich mich bemühte möglichst klar zu sein darin, dass es jetzt einfach so ist dass ich weg gehe und ich ja bald zurück
sein würde. Ohne eben ins Mitleid zu gehen oder mir ein schlechtes Gewissen zu machen. So war es dann auch für sie gut möglich mit der Situation umzugehen. Wäre ich unsicher gewesen darin, so wäre es auch meine Hündin gewesen und damit wäre sie wieder mehr gestresst gewesen.
Visualisierung:
Eine gute Sache ist es, sich Stresssituationen im Umgang mit dem Tier als eine Art „Trockenübung“ so zu visualisieren, wie man sich die Situation im Idealfall vorstellen würde.
Beispielsweise Hunde, die in Hundebegegnungen ein ängstliches oder aggressives Verhalten
zeigen, lösen oftmals beim Hundehalter selber auch Unsicherheit oder Stress aus, was sich dann wiederum auf den Hund auswirkt. Da kann es dem Hundeführer selber Sicherheit bringen Hundebegegnungen mit dem eigenen Hund immer und immer wieder für sich in einer Art und Weise zu visualisieren, die ihm entspricht. Damit steigt zum einen die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Mensch in entsprechender Situation wie visualisiert und geübt verhalten kann. Zum anderen werden die mentalen Bilder im Zuge einer klaren Führung auch ans Tier weiter gegeben, welches solche Bilder sehr wohl mitbekommt oder zumindest dann eben die veränderte Haltung und Kommunikation (auch körpersprachlich) des Tierbesitzers.
Hierzu eine kleine Anekdote wieder aus meinem eigenen Erleben. Meine Hündin „Lucy“ hatte
früher grosse Probleme mit Menschenbegegnungen, insbesondere mit fremden Kindern,
weil sie einige negative Erfahrungen mit Kindern gemacht hatte. Nun gut, ich war also mit meinen zwei Hunden und meinem kleinen Kind im Wald unterwegs. Auf etwa 100 m Distanz sah ich eine Gruppe von etwa 10 Kleinkindern herum wuseln. Meine Hündin wurde sofort ganz steif in ihren Bewegungen und begann an der Leine zu ziehen. Ich konnte mich selber dabei beobachten, wie ich angespannt wurde, wie meine Atmung nur noch oberflächlich war und wie bei mir ein Film in meinem Kopf abzulaufen begann. Ich hatte mir vorgestellt was alles schief
laufen könnte bzw. was ich alles beachten müsste und wie ich mich zu verhalten hatte, damit meine Hündin ja nicht ins Aggressionsverhalten kippen würde bzw. was alles hätte passieren können. Da ich mir schon lange Gedanken über die Interaktion zwischen Mensch und Tier mache,
fiel mir zum Glück gleich auf, dass ich „Lucy“ so grad gar nicht die Sicherheit vermittelte, die sie gebraucht hätte. Im Gegenteil, ich hatte ihr mit meinen Bildern noch gezeigt, wie das unerwünschte Verhalten aussehen würde. Nun gut, ich schrieb dann mein Kopf Kino um und fing an mir die Situation so zuvisualisieren, wie ich sie als wünschenswert erachtet hatte. Nämlich dass „Lucy“ an lockerer Leinen und mit weichen Körperbewegungen durch die Gasse durch gehen würde, die die Kinder bilden würden. Und siehe da, ich selber konnte wieder durch atmen und meine Hündin wurde sofort viel ruhiger, gelassener und konnte ganz gut durch die Situation durchgeführt werden.
Oder ein Beispiel von meinem Reitpferd, welches oftmals gescheut hatte vor Objekten am
Wegrand, die da normalerweise nicht standen, wie einem parkierten Fahrrad, einem grossen Stein oder ähnlichem. „Flemmingh“ hatte die Tendenz sich ganz schnell weg zu drehen bei solchen Auslösern. Ich habe das immer schon kurz vorher an seiner plötzlichen Anspannung bemerkt. Da hat es ausgereicht, wenn ich mir vorgestellt habe, dass wir einfach ganz entspannt an dem komischen Ding vorbei schreiten würden, damit er nicht abgedreht hat. Das alles lief innert weniger Sekunden ab. Da sich diese Situation recht oft zeigte, hat sich das bei mir mit
der Zeit schon automatisch abgespielt in meinem Kopf.
Liegende Acht:
Die liegende Acht hilft den Energiefluss zu unterbrechen und kann gut als Soforthilfe eingesetzt werden oder auch zur Unterstützung von planbaren Situationen. Das kann sein zwischen dem Tier und einem Angstauslöser, in einer für das Tier bedrohlichen Situation oder auch zwischen Tierhalter und Tier. Da kann man sich eine liegende Acht in Form eines Lichtstrahls visualisieren mit dem Tier in einem Bauch und dem Auslöser im anderen Bauch der Acht liegend. Wichtig ist es die liegende Acht im Urzeigersinn zu visualisieren. So können Situationen stark entschärft werden.
Wenn ich an das Beispiel mit meiner Hündin „Lucy“ und der Kindergruppe im Wald anknüpfe, so
wandte ich die liegende Acht damals kurz vor der unmittelbaren Nähe zu den Kindern als „Lucy“ wieder etwas Anspannung aufgebaut hatte, an. Ich stellte mir mich, die Hunde und mein Kind in einem Bauch der liegenden Acht vor und die fremden Kinder im anderen Bauch der liegenden Acht. Das brachte meine Hündin und auch mich sofort wieder aus der Anspannung raus und sie konnte problemlos an den Kindern vorbei gehen.
Die liegende Acht habe ich auch schon mehrfach bei Hundebegegnungen angewendet. Wieder mich mit Hund in einen Bauch und die anderen Hunde mit ihren Menschen in den anderen. Bei meiner eigenen Hündin ist die Wirkung dieser Übung frappant. Und Kunden haben mir dasselbe über ihre Hunde berichtet.
Ich mache die liegende Acht auch zwischen mir und meiner Hündin, wenn ein Gewitter aufzieht und sich bei ihr der Stress anfängt bemerkbar zu machen. Weil ich, auch wenn ich weiss dass das kontraproduktiv ist (ich bin auch nur ein Mensch!), anfange zu lauschen, ob denn ein Gewitter im Anflug ist bzw. wie laut es wohl ist. Ich erwische mich immer wieder dabei und so bediene ich mich halt dieser Übung, um meine eigene Unzulänglichkeit zu entschärfen und meine Hündin nicht noch mehr in ihrer Unsicherheit zu fördern.
Ich hatte eine Kundin, die bei sich aufbauender Anspannung zwischen ihren Katzen die
liegende Acht um die zwei Katzen visualisiert hat und so eine Deeskalation zwischen den streitenden Tieren bewirken konnte.
Lichtkugel:
Die Lichtkugel kann visualisiert werden, um Raum zu schaffen und um Grenzen klar zu setzen.
Eine meiner Hennen hat mich regelmässig von hinten ins Bein gepickt, wenn ich Futter aus dem Lege Nest holen wollte. Mit der Zeit habe ich sehr gut spüren können, ob und wann „Frau Braun“ hinter
mir steht. Und so habe ich mir bei Bedarf eine Lichtkugel um mich herum visualisiert und sie nach hinten ausgedehnt, was mich vor der Grenzüberschreitung durch die Henne bewahrt hat.
Das mache ich auch so, wenn ich neben meinem Pferd vorbei gehen möchte, welches mich manchmal recht angiftet. Wenn ich mich dadurch irritieren lasse, dann kann „Sunny“ auch mal etwas offensiv werden, vor allem wenn ich nicht gut bei mir bin. Wenn ich klar bei mir bin und meinen Raum einnehme mit der Lichtkugel, dann akzeptiert das meine Stute völlig problemlos.
© Feb. 2019
Fabienne Fust, med. vet., FA Verhaltensmedizin GST, Tierkinesiologin NGL, dipl.
kinesiologische Lebensberaterin NGL
www.fabiennefust.ch